Niepokojąca poezja. Niemieckie (oraz rosyjski) modele lektury Niepokoju Tadeusza Różewicza dwadzieścia i czterdzieści lat po wojnie wobec problemu skonfliktowanych pamięci
Streszczenie
ZUSAMMENFASSUNG
Beunruhigende Poesie. (West)Deutsches (und russisches) Lektüremodell von „Unruhe“ („Niepokój“) Tadeusz Różewiczs zwanzig und vierzig Jahre nach dem Kriege gegenüber dem Problem der ‚disparaten Gedächtnisse’/Mirosława Zielińska
STRESZCZENIE
Niepokojąca poezja. Niemieckie (oraz rosyjski) modele lektury Niepokoju Tadeusza Ró-żewicza dwadzieścia i czterdzieści lat po wojnie wobec problemu ‘skonfliktowanych pamięci’/Mirosława Zielińska
Bei der Zusammenstellung vom polnischen und deutschen Kollektivgedächtnis (im Sin-ne von A. und J. Assmann) an den Zweiten Weltkrieg zeigt sich, dass sie als ‚disparate’ Gedächtnisse aufgefasst werden müssen, die nicht nur einander ausschließen, aber gegeneinander gerichtet sind. Den Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags bildet die These, dass ein korrelativer Zusammenhang zwischen den ‚anderen’ Gedächtnissen des AS-Senders und der ZS-Empfänger und den von den Vermittlerinstanzen gewählten Einstellungsstrategien der ausgangssprachlichen Texte – hier der Lyrik von Tadeusz Różewicz, Jahrgang 1921 – auf die zielsprachlichen Leser der (west)deutschen Kultur besteht. Zur Bekräftigung der These kann eine relevante Beobachtung dienen, nämlich, dass die (west)deutsche Rezeption von der ausgangssprachlichen, d. h. polnischen, aber auch etwa russischen so sehr divergiert, weil die Weichen dafür die unterschiedlichen Reaktionen auf das Jahr 1945 gestellt haben. Andere Wahrnehmung des Geschehenen um 1945 impliziert wiederum die Herausbildung von abweichenden Gedächtnissen.
Der genaueren Erläuterung der Akzentverschiebung in den (west)deutschen Lektüremodellen dient ihre Gegenüberstellung dem russischen Lektüremodell, das einen kontrastiven Hintergrund bildet und anhand des 1963 herausgegebenen Bandes Bespokoistvo ausgearbeitet wurde. Der Akzent der russischen (ähnlich der polnischen) Lektüre wird auf die Frage nach Bedeutung und Deutung des während des Krieges erfahrenen gelegt (Der Rezipient wird von der Frage ausgehen: Wie soll/kann das gedeutet werden, was wir erlebt/erfahren haben?). Im Falle der (west)deutschen Lektüre, dagegen, wird der Akzent nicht auf das Verständnis dessen was passiert ist, sondern auf die Reflexion über die Folgen des Krieges gelegt (Der Rezipient wird von der Frage ausgehen: Welche Schlussfolgerungen sollen/müssen wird aus dem Erfahrenen/Erleben ziehen, damit es sich nicht wiederholt?).
Es stellt sich heraus, dass sowohl der übergreifende Rezeptionsprozess der polnischen Literatur in (West)Deutschland, als auch die in diesem Beitrag fokussierten Lektüremodelle der Gedichte Tadeusz Różewiczs (sie stammen aus dem 1947 veröffentlichten Lyrikband Niepokój und wurden wesentlich von der Kriegserfahrung des „zufällig geretteten“ geprägt), sehr eng mit den wichtigsten Zäsuren in der deutschen Erinnerungskultur zusammenhängen – erst die Veränderungen der Erinnerungskultur haben die Rezeption des polnischen Autors (und generell der polnischen Literatur) überhaupt möglich gemacht.
Die Analyse von zwei Lyrikbänden Tadeusz Różewiczs, die von Karl Dedecius übersetzt, herausgegeben, mit Nachworten versehen und entsprechend Mitte der 60er (zwanzig Jahre nach dem Kriegsende) und 80er Jahre (vierzig Jahre nach dem Kriegsende) der deutschen Leserschaft vorgelegt worden sind, ergibt, dass in der Erarbeitung von Einstellungsstrategien auf den zielsprachlichen Rezipienten durch Karl Dedecius das Problem der ‚disparaten’ Gedächtnisse nicht nur mitberücksichtigt werden musste, aber eine zentrale Rolle spielt. Es beeinflusste nicht ausschließlich die Wahl der Gedichte und ihrer Übersetzungsstrategien: notwendig zeigte sich auch die ‘Übersetzung’ der Kontexte der Ausgangskultur – damit auch des ‘anderen’ Gedächtnisses.
Wenn man die Frage stellt, ob – auch potenziell – zwanzig, dann vierzig Jahre nach dem Krieg (also vor der ‚Wende’) ein anderer Umgang mit dem Problem der ‘disparaten Gedächtnisse’ vorstellbar sei, muss die wichtigste Voraussetzung des erfolgreichen Kulturtransfers erwähnt werden: dieser kann nur im Dialog mit der zielsprachlichen Kultur geführt werden, im anderen Falle kann er deutlich gestört, oder sogar verhindert werden. Dass der aus Łódź stammende Dedecius das Konfliktpotenzial der ‘disparaten Gedächtnisse’ nicht ignorierte, zeugt – im oben erwähnten Kontext – von seiner zwischenkulturellen Kompetenz (vielleicht wäre auch begründet, in seinem Falle von einer bi- oder plurikulturellen Identität zu sprechen). Weitere Erläuterung kann der Grundsatz liefern, auf dem Dedecius seine Rolle des Vermittlers zwischen der polnischen und deutschen Kultur aufgebaut hat: dieser ist die programmatische Suche in der polnischen Kultur nach allem, was zum gegenseitigen Verständnis beitragen und Basis für wechselseitige Verständigung schaffen kann. Dass der (seit der ‚Wende’) immer intensiver geführte ‚Krieg der Gedächtnisse’ die Chancen auf die Auseinandersetzung mit dem Problem der ‘disparaten Gedächtnisse’ in der ‘Atmosphäre des Dialogs’ deutlich erschwert (wenn nicht vereitelt) – steht auf einem anderen Blatt.
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